Im Frühjahr wirbelte ein Google Algorithmus-Update die SEO-Welt durcheinander wie 1910 die frisch erfundene elektrische Waschmaschine schmutzige Hemden: Google verkündete ganz offiziell, dass zukünftig mobil-optimierte Websites in den organischen Suchergebnissen gegenüber nicht-mobilen Seiten bevorzugt werden. Die Reaktionen bekamen Unternehmen umgehend zu spüren: Statische Webseiten verloren einer Studie zufolge rund 10 Prozent ihres Traffics. Unternehmen, deren Website noch nicht reponsive war, begangen schleunigst, die Agentur ihres Vertrauens mit einer neuen Responsive Website zu beauftragen. Ein neues Begriffspaar war plötzlich in aller Online-Munde: Mobile First. Websites werden vom kleinsten Gerät aus gedacht. (Ganz nebenbei: Haben die Internetagenturen Google eigentlich schon Danke gesagt?).
Was bedeutet Mobile First fürs (SEO)-Texten?
Eine Frage, die bis jetzt kaum gestellt wurden. Denn meines Erachtens laufen im Augenblick zwei widerstrebende Entwicklungen parallel: Zum einen wünscht sich Google längere Texte. Der SEO-Dienstleister Searchmetrics und Blogs schlagen immer noch Texte zwischen 250 bis 1000 Wörter vor. Zum anderen lesen die wenigsten Smartphone-Nutzer gerne Tolstois „Krieg und Frieden“ auf ihrem mobilen Gerät.
Mobil- und SEO-optimiertes Texten
Wie lässt sich dieses Dilemma lösen? Ich befürchte, hier gibt es keine einfachen Antworten und vor allen Dingen keine allgemeingültigen Antworten, daher stelle ich ein paar Anregungen zur Diskussion:
- Texter und Konzeptioner (UX-Designer) müssen noch stärker Hand in Hand arbeiten (Oje, ich höre schon das Wehklagen auf beiden Seiten.) Warum? Damit ein längerer Text in mobilfreundlichen Happen serviert werden kann, bedarf es einer wohlüberlegten, wechselnden Gliederung aus Text, Grafik und Bild.
- Texte werden asthmatischer: Wie wir aus zahlreichen Studien wissen, lesen Menschen Texte nicht Wort für Wort, sondern überblicken den ganzen Satz oder einzelne Phrasen. Je kürzer die Zeilenlänge, je schneller die Absätze, desto kürzer müssen die Sätze sein, damit der Leser sie überblicken kann. Kleine Ausgabegeräte fordern demnach kurze Sätze.
- Zwischenüberschriften werden noch wichtiger: Überschriften waren für SEO-Texter schon immer so wichtig wie ein kleines Steak (oder der Veggie-Burger). Sie sind mächtige SEO-Gesellen und Leseerleichterer: Sie gliedern Texte, heben Wichtiges hervor und geben Google eine klare Ansage, um was sich der Text dreht. Da auf einer mobilfreundlichen Website die Absätze kürzer werden, kommen noch mehr Überschriften zum Einsatz.
- Texter und Konzeptioner zum Zweiten: Websites mit Reitern und Registerkarten helfen, große Textmengen zu gliedern. Doch häufig ist es nicht sinnvoll, Text so zu zerstückeln. Eine Contentstrategie muss her, in die der Texter eingebunden werden sollte. (Passiert selten, wie ich aus leidiger Erfahrung weiß).
- Texter und Konzeptioner zum Dritten: Texten auf Breakpoints. Zumindest die Überschriften könnten, sollten, müssten entsprechend der Breakpoints getextet werden. Oder? Ach so, Breakpoints definieren die Stellen, an denen sich das Layout einer Website ändert, wenn die Inhalte auf Geräten mit unterschiedlich großen Displays dargestellt werden.
Auf einen Espresso
Medien und Formate haben schon immer die Form des Schreibens verändert. Sei es der Buchdruck, der erst das Schreiben von Geschichten und Romanen ermöglichte. Sei es der Großformatdruck, der das Genre der bebilderten Reportagen hervorbrachte. Sei es das Schreiben mit dem Computer, das zu längeren Texten führte. Daher werden – ganz unabhängig vom Gedanken der Suchmaschinenoptimierung – mobile Ausgabegeräte den Stil und die Form der Texte verändern. Wie? Das wird sich in den nächsten Jahren herauskristallisieren.
PS: Regelmäßige Seotorik-Leser werden es gemerkt haben: Ich habe das Theme geändert. Der Grund: Na klar, Seotorik soll mobilfreundlich sein.