SEO-Texter und SEO-Texterin, SEO-Textende, SEO-Texter*in, SEO-Texter:in oder SEO-TexterIn?
Nein, ich habe nicht vor, mein Geschlecht zu wechseln. Aber als Texter erhalte ich häufig Gender-Vorgaben von Unternehmen.
- „Bitte verwenden Sie den Gender-Stern“.
- „Nutzen Sie möglichst eine neutrale Schreibweise. Bei uns heißt es: die Mitarbeitenden“.
- „Wir doppeln“.
Und dann folgt der Zusatz: „Die Seite soll suchmaschinenoptimiert sein.“
Richtiges Gendern und suchmaschinenoptimiertes Schreiben – geht das überhaupt? Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten; eigentlich nur von Fall zu Fall.
In dem Beitrag beleuchte ich vier wichtige Punkte.
- Keywords: Welche Schlüsselwörter verwendet die/der Nutzer:in?
- Suchintention: Welche Suchabsicht vermutet Google?
- Bots-Verständnis: Wie interpretiert Google die Schreibweisen?
- Relevanz: Ist die Schreibweise für den zu optimierenden Text von Bedeutung? Laden gegenderte Inhalte vorne in den Serps, wenn im generischen Maskulinum gesucht wurde.
Verwendung von gendergerechten Keywords
Welche Suchbegriffe verwendet die oder der Nutzer:in? Diese Frage ist schnell beantwortet: Nutzer:innen verwenden bei der Suche (meist) das generische Maskulinum. Feminine Suchbegriffe werden kaum verwendet. Ob es an einem verankerten mentalen Konzept liegt oder an schlechten Erfahrungen mit der Suche in der weiblichen Form, lasse ich dahingestellt; es spielt keine Rolle.
Bei den Wörtern „Texter und Texterin“ ist der Unterschied nicht einmal so groß. Bei anderen Begriffen sind die Unterschiede größer. (Abfrage: 12.7.2024). Dennoch.
Vermutete Suchintention
Hinter jeder Suchanfrage vermutet Google eine Absicht. Der Suchende will etwas wissen, etwas kaufen, sich unterhalten lassen, in der Nähe essen gehen, etwas von einer bestimmten Marke kaufen. Und, und, und. Google unterscheidet vier Suchintentionen: Know-Search, Do-Search, Website-Search und Visit-in-Person-Search sowie Multi-intend-Search (das sind Suchen ohne für Google klar erkennbare Suchintention).
Je nachdem, welche Suchintention Google vermutet, spielt die Suchmaschine andere Ergebnisse aus. Schließlich will Google eine schnelle und gute Antwort liefern. Das Prinzip des Genderns hat Google allerdings noch nicht verinnerlicht – oder verstanden. Denn es zeigt sich: Je nach Schreibweise vermutet Google eine andere Suchintention.
Texter: Vermutete Suchintention: Texter werden
Texterin: Vermutete Suchintention: Texterin finden/beauftragen
Texter und Texterin: Vermutete Suchintention: Multi-intend
Texter:in/Texter*in: Vermutete Suchintention: Multi-intend mit Schwerpunkt „Texter werden“
Für den Suchenden können Fehlinterpretationen frustrierend sein. Die Suche muss angepasst werden.
Für den Optimierer bedeutet dies, dass es einen Unterschied macht, ob und wie er gendert. Wenn er gendert, sollte er noch stärker auf die spezifische Suchintention eingehen.
Als Slogan ausgedrückt: Gender matters!
Bots-Verständnis von Genderzeichen
An den Beispielen sehen wir, Google bewertet die weibliche und männliche Form unterschiedlich – und betrachtet sie nicht als Synonyme. (Ansonsten ist Google recht gut darin, Synonyme zu erkennen.)
Genderstern und Doppelpunkt: Das obige Beispiel zeigt, dass Google die Genderzeichen als Zeichen wahrnimmt und nicht ignoriert. Der Unterschied zwischen Doppelpunkt [:] und Genderstern [*] ist marginal. Die Treffer sind ähnlich. Der Doppelpunkt wird von Google in der Regel als Leerzeichen interpretiert und das Wort somit als „männlich, Singular“ gelesen. Der Stern wird als Sonderzeichen interpretiert. Auch in diesem Fall liest der Bot den männlichen Singular.
Binnen-I: Das Binnen-I [I] wird von Google nicht als Sonderzeichen erkannt, sondern in der weiblichen Pluralform gelesen. Wer also das Binnen-I verwendet, optimiert – vereinfacht gesagt – für „Frauen“.
Doppelung: Die Verwendung beider Geschlechtsbezeichnungen ist aus Sicht der Bots unproblematisch. Die obige Abfrage zeigt uns aber, dass es für Suchende einen Unterschied macht. Und das dritte Geschlecht ist nicht inkludiert.
Neutrale Form: Neutrale Formen wie Servicekraft oder Mitarbeitende betrachtet Google als eigenständige Wörter. Als Hauptkeyword ist diese Form also nicht geeignet, als Nebenkeyword oder synonymer Begriff im Text schon.
SEO-Gender-Ratschlag: Die meisten SEO-Agenturen empfehlen die Verwendung von Doppelpunkten. Dies gilt meiner Meinung nach uneingeschränkt nur für den Fließtext. An den zentralen Stellschrauben wie Meta-Titel oder H1-Überschrift gilt: Erst testen, dann texten. Welche Suchergebnisse werden angezeigt? Wie verändern sich die Suchergebnisse durch die Verwendung des Doppelpunkts in der männlichen oder weiblichen Form?
Schreibweise und vermutete und erwünschte Suchintention sollten eins sein.
Um es am Beispiel Texter/Texterin festzumachen: Eine Texter:innen-Fortbildung oder Jobbörse sollte die männliche Form „Texter“ nutzen, da die von Google vermutete Suchintention in Richtung Jobs geht.
Eine Texterin, die ihre Dienstleistung bewirbt, kann die weibliche Form verwenden. Die vermutete und die gewünschte Suchintention sind identisch. Das Suchvolumen ist jedoch geringer.
Relevanz der gegenderten Form
Die Relevanz des Genders müssen wir aus zwei Perspektiven betrachten.
- Werden gegenderte Seiten bei einer Suche im generischen Maskulinum vorne in den Serps ausgespielt? Sprich: Landet eine gegenderte Website – auf der etwa von einer Texter:in gesprochen wird – in den Top 5, wenn ich nach „Texter“ suche?
- Spielt das Gendern für meinen Suchbegriff überhaupt eine Rolle? Das heißt, wenn ich die Seite auf „Wärmepumpe Stromtarif günstig“ optimiere, dann müssen die Keywords überhaupt nicht gendert werden. Wenn in dem Text von Hausbesitzer:innen gesprochen wird, dann ist das für die Optimierung egal.
Gendern und SERPS
Bei meinen Suchanfragen im generischen Maskulinum habe ich auf den ersten 3 Plätzen der SERPS keine geschlechtergerechten Seiten gefunden. Das muss aber nichts heißen, da viele Algorithmen eine Rolle spielen. Ich habe ca. 15 Begriffe getestet. Auf der ersten Seite tauchten aber regelmäßig genderte Texte auf. Meine Vermutung: Gendering beeinflusst die Ergebnisse, aber nur geringfügig.
Problematisch könnte es werden, wenn wir konsequent gendern, etwa alle Pronomen: jede:r, diese:r etc. Ich könnte mir vorstellen, dass Google den Text als „unsauber“ liest. Was sollen die vielen „r“ im Text? Aber das ist nur eine Vermutung.
Bedeutung des Genderns für die eigene Optimierung
Wer jetzt denkt: „Mist, ich will oder muss gendern und darf es aus SEO-Gründen nicht“, kann sich in den meisten Fällen entspannen. Denn die Genderform ist meist nur dann relevant, wenn es um Berufe oder Berufsgruppen geht, für die man optimieren möchte – und SEO sich lohnt. Karriereseiten etwa müssen in der Regel nicht optimiert werden, da die Konkurrenz durch die Karriereportale zu groß ist und die potenziellen Kandidaten eh nicht über die Suchmaske kommen.
Wer seinen Online-Shop, sein Unternehmen für 3D-Drucker, seine Fleischwölfe oder was auch immer im Ranking nach oben bringen will, verwendet selten „Menschen“ als Hauptkeyword. Außerdem bestehen mehr als drei Viertel aller Suchanfragen aus drei oder mehr Wörtern. Die Konkretisierung hilft Google, die Suchintention zu erfassen, die Ergebnisse werden unabhängig vom grammatikalischen Geschlecht genauer.
SEO und Gendern: Was tun?
Ihr Schlüsselwort muss geändert werden? Dann heißt es testen, abwägen, analysieren. Als Erstes sollten Sie prüfen, welche Seite bei der jeweiligen Form in den Serps vorne landet.
Gibt es Unterschiede? Wenn ja, warum? Sehen Sie sich die Seiten genauer an. Verändert das Gendern die vermutete Suchintention? Dies hilft, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
Gender-Tipps für SEO
Keywordbestimmung: Vergleichen Sie die Abrufzahlen und bewerten Sie diese. Weniger Anfragen müssen nicht unbedingt schlecht sein, denn wenn jemand „Ärztin“ in die Suchmaske eingibt, können Sie davon ausgehen, dass die Person eine weibliche Ärztin sucht (Ich weiß, Pleonasmus).
Überschrift und Titel: Verwenden Sie den Doppelpunkt in der H1 und im Titel. Oder verzichten Sie hier nach Möglichkeit auf das Gendern. Nehmen Sie die Form, die Ihre beabsichtigen Suchintention widerspiegelt, auch wenn diese nicht Ihrer Unternehmenspolitik entspricht.
Linktexte: Hier würde ich in den Doppelpunkt nutzen.
Copytext: Im Fließtext bieten sich der Doppelpunkt und die doppelte Schreibweise an. Als Synonyme können neutrale Begriffe verwendet werden.
In zwei Sätzen
Gendern bei der Suchanfrage beeinflusst die Suchergebnisse. Gendern beim Texten beeinflusst die Serps-Platzierung nur gering, wenn richtig gendert wird.
Autor
Jens Hüttenberger ist Texter und Content-Marketing-Berater. Er schult Unternehmen im suchmaschinenoptimierten Schreiben, UX-Writing und UX mit Fokus auf SEO.