Gutes Deutsch vs. optimale Verständlichkeit

Jeder ambitionierte Texter, der schon mehr als zwei Websites betextet hat und seine Texte dem Kunden verkaufen musste, steht vor dem Problem: Schreibe ich in einer schönen Sprache oder achte ich auf die optimale Verständlichkeit der Texte (auch für eine – sagen wir mal – bildungsferne Zielgruppe). Der Kampf beginnt.

Wolf Schneider stellt in seinem Klassiker „Deutsch für Profis“ Kriterien für gutes Deutsch und hoher Verständlichkeit gegenüber:

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Betrachtet man die ersten beiden Gegenspieler, gelten für suchmaschinenoptimierte Texte weitere Einsichten:

  • User suchen nach geläufigen Wörtern.
  • Die Wiederholung von Wörtern ist ein wesentliches Mittel zur Suchmaschinenoptimierung.

Wer im Netz über Suchmaschinen gefunden werden möchte, muss seinen Fokus auf Verständlichkeit legen, da geht kein Weg dran vorbei.

Für SEO-Texte gilt:

  • Benutzen Sie gängige Wörter.
  • Verzichten Sie auf Synonyme.

Wie sieht es mit Metaphern, Redensarten und Ironie aus?

Hier kommt es auf die Art des Textes an: Denn Webseitentext ist nicht Webseitentext. Es macht einen großen Unterschied aus, ob Sie für das Internet eine Glosse schreiben, einen journalistischen Text oder einen Blogbeitrag verfassen, eine Produktwerbung texten oder sachlich über ein Produkt informieren möchten.

Wer kurz und bündig Informationen mitteilen möchte, sollte auf Metaphern und Redensarten ganz verzichten. Jedes unerwartete Wort, jede schwierige Metapher, jede ausschweifende Redensart lenkt die Aufmerksamkeit ab; der User klickt weiter. Denn jede Website bietet zahlreiche Ablenkungen, denen sich unser Gehirn gerne hingibt. Der nächste Impuls ist nur ein Fingerdruck entfernt. Der pure Inhalt muss den Besucher fesseln.

Für Werbetexte und Verkaufstexte im Web gilt:

  • Verzichten Sie auf seltene Metaphern.
  • Setzten Sie ungewohnte Worte nur spärlich ein (wobei Sie die Zielgruppe beachten müssen, denn für einen Jäger ist eine Kirrung kein ungewohntes Wort, für den Normalbürger schon).
  • Meiden Sie ungewohnte Redensarten.
  • Meiden Sie Ironie (diese setzt immer eine gewisse Auseinandersetzung mit dem Gegenstand voraus, die meist im Internet nicht gegeben ist).

Für Blogartikel oder journalistische Artikel gelten diese Regeln nur bedingt. Denn hier ist der Stil ein wesentliches Element der Leserbindung. Oder wie Wolf Schneider schreibt: „Zu einer Verständlichfähigkeit des Lesers muß ja seine Verständnisbereitschaft kommen, zur Transparenz des Textes seine Attraktivität.“ Und die erreicht man (auch) durch eine gute Sprache, durch überraschende Formulierungen, durch Witz und Ironie. Denn „all das Bettelarme und Stockfinstere nämlich, das mir auf Anhieb verstehen hilft, ist geeignet, mich alsbald zu langweilen, weil es mir keinerlei Anspannung abverlangt“, so Wolf Schneider. Aber auch er sagt, dass wir Metaphern, Redensarten und Ironie nur mäßig einsetzen sollen.

Die Verständlichkeit siegt

Im Internet siegt die optimale Verständlichkeit immer gegen das gute Deutsch. Das kann man bedauern, aber leider nicht ignorieren. Außerdem: Was hilft der schönste Text, wenn ihn keiner findet oder liest?

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